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Stephenson-Adder

Hersteller: A. M. Stephenson, MFR.- Joliet, Ill.
Baujahr: ca. 1900
Seriennummer: ohne
Funktion: Kolonnenaddierer 1 x 0 x 3
Beschreibung: Der Stephenson-Adder ist in jeder Hinsicht die Minimalversion einer Rechenmaschine. Er zeigt maximal 199 an und kann nur addieren, doch es gibt einen Zehnerübertrag, und damit verdient er laut Martins Definition (Martin, S. 5) diese Bezeichnung. Mit 9 x 4,7 cm und mit 3 mm Dicke würde man ihn heute als Scheckkartenrechner bezeichnen. Einstellung und Addition erfolgen im Uhrzeigersinn auf dem rechten Rad, das einen Zehnerübertrag auf das linke Rad bewirkt.
Der Stephenson-Adder wurde als Kolonnenaddierer verwendet: Man addiert von einer Additionsreihe zuerst alle Einerstellen, dann notiert man das Einerergebnis und die links erscheinende Zehner und ev. noch Hunderterstelle. Man löscht das Resultat und addiert in gleicher Weise die Zehnerstellen, wobei man mit dem notierten Zehnerübertrag beginnt, und fährt dann entsprechend für die restlichen Stellen der Additionsreihe fort. Man kann damit beliebig große Zahlen addieren, doch fragt man sich unwillkürlich, ob das im Kopf nicht schneller geht. Die maschinelle Lösung ist natürlich sicherer - und es gab ja über Jahrzehnte eine ganze Reihe von Rechnern, die nichts anderes - wenn auch erheblich schneller - erledigten, zum Beispiel die "Adix" samt Klone oder der "Kuli".

Der erste produzierte Stephenson-Adder war im Design etwas einfacher und noch nicht vernickelt. Auf dieser ersten Ausführung ist das Datum (25.03.1873) des Patents US137,107 vermerkt, das sich jedoch auf einen ganz anderen Scheibenaddierer bezieht, auf einen komplizierteren, der wohl kaum funktionstüchtig war. Die untere Skizze stammt aus dieser Patentschrift. Später verschwand der Patentvermerk.
Zu dem angemeldeten Patent: Diese Lösung für den Übertrag ist deshalb bemerkenswert, weil er Schickards Erfindung wiederholt, wenn auch in einfacherer und kaum produktionsreifer Form. Zu Stephensons Zeit war Schickards Rechenmaschine längst in Vergessenheit geraten.
Von rechts beginnend, werden die Rechenwerte auf den Scheiben mit einem Stift eingegeben. Die Zahnräder sind hier Scheiben mit aufgesetzten Stiften, der Übertrag erfolgt wie bei Schickard mit einem verlängerten Einzahn. Der Verzicht auf Zwischenräder hat zur Folge, dass Einstellungen und Übertrag in alternierender Drehrichtung erfolgen. In "Fig. 2" erkennt man die unterschiedliche Höhe der Einzähne, die sich ja nicht berühren dürfen. Damit die Einzähne die Stifte der jeweils rechten Scheiben nicht berühren, werden sie von rechts nach links fortlaufend kürzer. Dies stellt Stephenson als Zentralaspekt seines Patents heraus, wohingegen er nicht erwähnt, dass mit seinem Maschinchen prinzipiell der Übertrag für die Subtraktion möglich wäre!
Die Grenze des technisch Machbaren wird bei dem linken Zwanzigerzahnrad am deutlichsten. Der Einzahn, der den Übertrag auf dieses Rad besorgen muß, dürfte schwerlich nur einen Stift transportieren. Es sind auch keine Sperren für die Einstellung vorgesehen. Ob derartige Rechner hergestellt wurden, ist nicht bekannt, es erscheint sogar fraglich, ob das Patentmodell einwandfrei funktionierte. Die damaligen Fertigungstechniken erforderten robustere Lösungen, wie z.B. der Webb-Adder zeigt.



Anmerkungen: Im Jahre 1926 erschien ein Klon des Stephenson-Adders (Abb. rechts, Quelle: Ebay) unter dem Namen "Vest Pocket Adding Machine", Patentanmelder (US-Patent 1585675) und Hersteller war ein G.N. Mindling. Auch der original Stephenson-Adder trug anfangs eine Patentnummer, doch die bezog sich ja auf ein ganz anderes, nicht produziertes Modell, wie oben beschrieben. Mindling war so clever zu bemerken, dass der tatsächliche Stephenson-Adder nicht patentiert war und holte dies ohne große Skrupel unter eigenem Namen nach. Tatsächlich sind die kleinen Rechner optisch nur an den beim "Mindling" fehlenden Nieten zu unterscheiden.

Ein original Stephenson-Adder wird bei Ebay und im US-Antiquitätenhandel für 150 bis 300 Euro gehandelt, vor allem die frühen Ausführungen (Abb. rechts unten) sind sehr gesucht. Der Stephenson-Adder ist ein Unikum und damit fast Kult!
Man findet auch mal einen für 6 Euro ... nicht alle US-Besitzer wissen, in welcher Rubrik man solch ein "curious" Teil korrekt einstellt. Dank an Bob Magraw aus Ballwin, der es ablehnte, als ich freiwillig mehr zahlen wollte, er meinte: "A deal is a deal is a deal".

Hier ein weiterer Klon, der irgendwann als "The Adder" auf dem Markt erschien (Quelle: Ebay). Selbst hierfür wurden noch 140 Dollar gezahlt:

 

Mit einer Erweiterung um eine weitere Stelle, gefertigt in Frankreich als "Le Belotor", Fertigungsdatum unbekannt. (Quelle: Ebay):

Links intern: Der Zehnerübertrag in Scheibenaddierern
Links extern:
Literatur:
Download:

Der geöffnete Stephenson-Adder (Foto von Rainer Atzbach). Dreht man das rechte Rad gegen den Uhrzeigersinn, dann stoppt der Einzahn an einem der linken Zahnräder so, dass im Schauloch die Null steht. Für die "Löschung" der linken Scheibe muss sie gänzlich manuell auf Null gedreht werden. Man erkennt, dass die rechte Scheibe keine Einstellrasterung aufweist, dafür reicht der Gehäuse-Stopper bei Null. Man sieht hier den denkbar einfachsten Zehnerübertrag, der jedoch in dieser Form nur über eine Stelle hinweg möglich ist.


Der erste Stephenson-Adder, in Messing und noch ohne Gehäuseprägungen (Quelle: Ebay)

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Etwas später, bereits mit Prägungen, jedoch noch unvernickelt.
(Quelle: Ebay)