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Original-Odhner Mod. 19


Hersteller: Aktiebolaget Original-Odhner, Göteborg, Schweden
Baujahr: ca. 1929
Seriennummer: 91779
Funktion: Vierspezies-Sprossenradmaschine, 10x10x19, ohne Zehnerübertrag im Umdrehungszählwerk, Zehnerübertrag im RZW bis zur 13. Stelle, Flügelschraubenlöschung.
Beschreibung: Laut Christopher Nöring zählt diese Maschinezu den Spezialanfertigungen. Gleichzeitig erschien ein 20-stelliges Modell ("Modell 13") mit Zehnerübertrag im UZW. Etwas später gab es das Modell 19 auch mit Einstellkontrollwerk, es hieß dann "Modell 18"(!). Bis auf die Stellenanzahl des RZW gibt es keinen Unterschied zu den übrigen Modellen mit 13 oder 18 Stellen. Ich habe nur noch einen Internet-Hinweis auf eine Odhner Mod. 19 gefunden (SN 91622), interessanter Weise eine grau lackierte Maschine. Die "19" wurde ab 1923 etwa 10 Jahre lang gebaut.

Bei Original-Odhner-Maschinen wird die Überlaufglocke nicht vom letzten Ziffernrad ausgelöst, sondern vom letzten Zehnerübertraghebel per einfacher Wippe (siehe Fotos unten). Übersteigt die Ziffernzahl des RZW die Reichweite der Trommel, so besitzen andere Maschinen, zum Beispiel die Brunsviga A und MA eine zweite Glocke.
Bei der Odhner "19" (und vermutlich anderen Odhners mit großer Stellenzahl) löste man das Problem sehr viel einfacher. Gab es einen Übertrag bei der ersten Stelle außerhalb der Trommelreichweite, wurde die Glocke durch den Schlitten-Zehnerhebel ausgelöst.
Ein weiterer Zehnerübertrag war nicht möglich. Eine quer liegende Sperrleiste (siehe Foto unten) verhindert das Aufstellen des Zehnerhebels und blockiert so das darunter liegende Ziffernrad. Freilich ist das nur eine Sicherheitssperre, die so gut wie nie eingreifen muss, da der Benutzer ja den Schlitten in aller Regel weiterbewegt und damit eine weitere Übertragstelle freigibt.



Anmerkungen: Im Unterschied zu der Brunsviga-Modellvielfalt baute man ab 1923 eigentlich nur ein Grundmodell (ausgehend vom Modell "7"), und fügte verschiedene Ausbaustufen und Ausstattungskombinationen hinzu (Zehnerübertrag im UZW, Rückübertragung, Stellenzahl, Einstellregister). Allerdings trug jede Variante eine eigene Modell- oder Typnummer, die Übersicht wird dadurch nicht gerade einfach. Eine wertvolle Tabelle stammt von Christopher Nöring.

Meine "19" kam aus Frankreich, wie auch die oben rechts abgebildete von einer französischen Website stammt. Es gibt auf dem Schlittentransport ein Schild des französischen Vertriebs, das vermutlich schon in Schweden montiert wurde.
Martin erwähnt das "Modell 19" als "insbesondere für Banken, Versicherungen usw. bestimmt." Es war sicher um einiges teurer, da die Auflage gering war. Der Odhner-Experte Timo Leipälä schrieb mir, dass die "19" auch in Schweden vertrieben wurde - hierzulande wahrscheinlich nicht.

Was habe ich in annähernd zwei Wochen gemacht? Vollständig (einschl. Trommel) zerlegt und gründlich gereinigt. Gummifüsse erneuert, Kurbelgriff ersetzt. Starker Abrieb, Abplatzer und Rost ließen mich die Lacke erneuern. Auch hier kaum zu toppen: Bei der Original-Odhner gibt es 14 zu lackierende Teile!
Die Maschine schnurrt wieder wie am ersten Tag!

Links intern:
Links extern: Modellübersicht (schwedisch/englisch)
Kevin Odhners Homepage(englisch)
Rechen-Anleitung für die Odhner (schwedisch/englisch)
Seriennummern mit Jahresangaben
"The Life and Works of W.T. Odhner" Teil 1 und Teil 2 (von Timo Leipälä)
Literatur: Martin ab S. 69, S. 441
Download:

Wieder einmal Bilder aus der Werkstatt: Links der Schlitten während des Zerlegens, rechts beim Zusammenbau nach der Reinigung. Die Federn auf Draht aufzufädeln ist recht praktisch, ebenso wie die korrekte Aufreihung der Hülsen und Zwischenräder des Resultatwerks - hier auf einem hölzernen Schaschlikspieß, der sich übrigens, mit Terpentin getränkt, auch gut zur Reinigung von Bohrungen und Hülsen eignet.
Man erkennt auf dem rechten Foto, dass die Rasterhebel auf Stahlkugeln aufliegen - eines der vielen Merkmale, die die kompromisslose Qualität der Original-Odhner auszeichnen. Als "Schrauber" (jene Gattung, die es neben den reinen "Sammlern" und "Jägern" alter Maschinen gibt) erkennt man ja mühelos die Qualitätsunterschiede zwischen den Herstellern. Die "Original-Odhner" übertreffen in vielen Details andere große Namen.



Natürlich musste für eine Sondergröße auch ein spezieller Sockel gefertigt werden, er wurde entsprechend gemarkt. Da er etwas breiter als notwendig ist, wurde er wohl auch für das Modell "20" verwendet.


Die restaurierte obere Abdeckplatte des Schlosses - der französische Vertrieb.

  

 Sprosse in Großaufnahme



Dies war die vierte Original-Odhner auf meinem Werktisch, doch zuvor hatte ich - selbst bei stark beanspruchten Exemplaren, noch keine Odhner-Trommel zerlegt. Es war nie ein Hakeln zu beklagen gewesen, auch bei dieser "19" nicht. Dennoch wollte ich ein solch seltenes Teil sehr gut behandeln, und ich fand wieder einmal einige besondere Merkmale schwedischer Qualitätsarbeit.
Die Sprossen sind so sorgsam gefertigt, dass ein Hakeln an den Reibungsflächen maximal vermieden wird: Alle Ecken und vor allem die Sprossennase sind gerundet, die Sprosse selbst ist aus Stahl, und einer der besonders kritischen Punkte, der Bereich im Übergang von Sprossennase und Sprosse, ist tiefer gelegt. Der Einstellring ist dicker und stabiler als bei anderen Herstellern, und er wies im Bereich des Schräge (Verschiebung der Sprosse) so gut wie keinen Abrieb auf - dank der runden Sprossennasen!. Die Odhner aus russischer Produktion besaßen übrigens noch die üblichen Sprossen, wie man sie z.B. von der Brunsviga her kennt.
Im Bild oben rechts ist im Inneren der Sicherungsscheibe der für Fotozwecke nach innen abgewinkelte Rasterstift für die Einstellrasterung zu sehen - mit seiner außen liegender Spiralfeder.


Der rechte Gehäuseträger, von innen gesehen. Es ist nicht nur die unübertroffene technische Qualität der Original-Odhner, die mich immer wieder beeindruckt, sondern auch das Design, selbst in verborgenen Details.

Interessant bei dieser Odhner-Maschine ist der von rechts nach links fortlaufend stärkere Versatz der Sprossenreihen gegeneinander. Kennt jemand den Grund dafür? Eine fast zeitgleiche Odhner "7" mit der gleichen Trommel zeigt den üblichen, stetigen Versatz.


Schlittenrückseite: Eine Odhner mit den üblichen 10 Stellen im Einstellwerk benötigt nur einen verlängerten Zehnerhebel, der die Überlaufglocke anschlägt. Für die größere Stellenzahl der "19" baute man weitere sechs derartige Hebel ein, der jeder für sich die Glocke anschlagen kann. Wie das Foto unten rechts zeigt, verhindert eine darüber gelegte Sperrleiste einen weiteren Übertrag.


Die Glocke wird durch den verlängerten Zehnerhebel per einfacher Wippe angeschlagen, und zwar dann, wenn er zurückrastet. Es entfällt der lange und störanfällige Übertragungsweg des Klöppels zur Glocke, die bei anderen Maschinen meist außen links am Schlitten sitzt. Die Konstruktion ist einfach, solide und weniger fehleranfällig.

Diese Sperrleiste blockiert das Hochstellen des Zehnerhebels, falls der Benutzer die Überlaufwarnung ignoriert und den Schlitten nicht weiter transportiert hat.


Eine komplette Neulackierung ist für einen "Schrauber" stets etwas Artfremdes - ehrlich gesagt, schraube ich lieber als dass ich spraye - bei einer Original-Odhner ist das besonders aufwändig. Dennoch belohnt das Resultat immer wieder.